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Für die Energiewende ist Offshore-Wind ein zentraler Baustein. Die Industrie will die Kapazitäten bereitstellen, fordert dafür aber bessere politische Bedingungen für Fianzierungen.

Gemeinsam mit den Partnerorganisationen VDMA Power Systems, WAB, dem Erneuerbaren Energien Cluster Hamburg sowie dem WindEnergy Network sieht die Stiftung Offshore-Windenergie dringenden Handlungsbedarf, um bestehende Finanzierungshürden zu beseitigen und die benötigten Investitionen in den Ausbau der Produktionskapazitäten zu flankieren. Sie beruft sich dabei auf eine neue Studie, die jetzt veröffentlicht wurde.[ds_preview]

Sie appelieren an die Bundesregierung und den Bundestag, »die neuralgische Funktion der Zulieferindustriefinanzierung zu berücksichtigen und die massiven Hemmnisse durch eine kluge, ganzheitliche Finanzierungsstrategie zügig abzubauen.«

Das Erreichen der Ausbauziele der Bundesregierung im Offshore-Windenergie-Bereich bedeutet einen industriepolitischen Kraftakt. 30 GW bis 2030 und 70 GW bis 2045 übersetzen sich in tausende Windenergieanlagen, Fundamente, tausende Kilometer Hochspannungskabel, Konverterstationen, Spezialschiffe, Hafenkapazitäten und vieles mehr.

Mehr Offshore-Unterstützung gefordert

»Hersteller und Zulieferer von Offshore-Windenergieanlagen in Europa bauen zwar bereits massiv neue Kapazitäten auf und bestehende aus. Produktionskapazitäten insbesondere für maritime Großkomponenten fehlen jedoch entlang der gesamten Zulieferindustrie und hätten eigentlich seit zwei Jahren massiv aufgebaut müssen«, heißt es in einem gemeinsamen Statement.

Stattdessen würden auch Unternehmen aus der Offshore-Zulieferindustrie in Deutschland besorgt auf Deindustrialisierungstendenzen schauen. Zu den Gründen dafür gehören demnach auch »Refinanzierungsrisiken für die fertigende Industrie, schlechte Finanzierungsbedingungen für neue Werke, wettbewerbliche Nachteile im Vergleich zu Herstellern aus anderen Ländern sowie ein nicht industriefreundliches Ausschreibungssystem«. Es sei die Basis für den »perfekten industriepolitischen Sturm«.

Dies erhöhe auf der energiepolitischen Ebene das Risiko für eine erhebliche Verzögerung der Energiewende, sagte Karina Würtz, Geschäftsführerin der Stiftung. Insbesondere die hiesigen (Re-)Finanzierungs- und Investitionsrahmenbedingungen für Unternehmen der Zulieferindustrie würden eine große Hürde darstellen, wären allerdings auch einer der größten Hebel, um die dringend benötigten Investitionen auszulösen.

Dabei kämpfen viele der Unternehmen den Angaben zufolge noch immer mit den letzten Auswirkungen der Corona-Pandemie, was sich unter anderem in schlechteren Unternehmensbonitäten als vor der Pandemie niederschlägt. »Dies erschwert die Finanzierung neuer und die Refinanzierung existierender Werke erheblich«.

Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems, betonte: »Mit Rahmenbedingungen, die ein profitables und nachhaltiges Geschäft ermöglichen, insbesondere durch ein Ausschreibungsdesign ohne ungedeckelte negative Gebote, werden Windenergieanlagen-Hersteller die notwendigen Kapazitäten bereithalten, um die politischen Ziele zu erreichen. Um den steilen Hochlauf der benötigten Kapazitäten entlang der gesamten Zulieferindustrie zu unterstützen, sind Absicherung und Förderung von Investitionen politisch zu flankieren, insbesondere mit Blick auf Infrastrukturen bspw. bei Offshore-Konverterplattformen oder Hafenkapazitäten.«

Finanzierungsinstrumente sollten »fit for purpose« sein und den politischen Ambitionen entsprechen. Ein möglichst europäischer Rahmen sei notwendig. Die Bundesregierung sollte sich neben nationalen Förderprogrammen und KfW-Maßnahmen auch für europäische Instrumente und eine Koordination innerhalb der EU für die europäische Windindustrie einsetzen, so die Forderung.

»Man sollte annehmen, dass die Offshore-Windindustrie aufgrund der positiven Zukunftsaussichten voller Zuversicht ist. Doch die Branche muss nun in extrem kurzer Zeit von Sparflamme auf Vollgas umschalten. Das schnelle Wachstum erfordert Planung, Infrastruktur und vor allem verfügbare Ressourcen an Kapital, Flächen und Fachpersonal«, stellt Andree Iffländer, Vorstandsvorsitzender des WindEnergy Networks, fest. »Nur mit einer kurzfristig verfügbaren und resilienten nationalen Lieferkette können sich die großen Chancen für Deutschland auch auszahlen.«

Dazu schließt Markus Nölke, Geschäftsführer der WAB: »Um passende Maßnahmen für die Finanzierungsbedarfe der hiesigen Zulieferindustrie zu identifizieren und zügig in die Umsetzung zu bringen, bedarf es einer konzertierten, übergeordnet koordinierten Initiative, beispielsweise in Form einer interministeriellen Bund-Länder-Task-Force. Auf diese Weise könnte kurzfristig eine Strategie mit klar benannten Zielsetzungen, Maßnahmen, Zeitplänen und Verantwortlichkeiten zur Lösung der Finanzierungsprobleme in der Lieferkette erarbeitet werden. Die Förderbanken auf Bundes- (KfW) und Länderebene sollten beteiligt werden.«

»Starkes politisches Mandat für die KfW und die Förderbanken der Länder«

Denn da der kommerzielle Bankensektor derzeit oft keine ausreichenden Lösungen für die Finanzierungsproblematiken der Zulieferindustrie anbiete, liege hier ein enormes ungenutztes Potenzial (halb-)staatlicher Institutionen wie die KfW und der Beteiligungsgesellschaften der Landesförderbanken. Dafür wäre jedoch eine entsprechende Mandatierung durch die Politik erforderlich.

»Durch ein stärkeres Mandat für eine KfW mit Bankenlizenz könnten die Finanzierungsengpässe im Fremdkapital- und Bürgschaftsbereich zügig angegangen und überwunden werden«, so Sebastian Averdung, Vorsitzender des EEHH e.V., aus. »Dabei gilt es zu unterstreichen, dass es sich in dieser Konstellation nicht um direkte Subventionen, sondern um Kreditprogramme handeln würde.«

Die hohen Ausbauziele maskieren zudem einen weiteren Effekt, nämlich den der steigenden Durchschnittsgröße von neuen Offshore-Windenergieprojekten. Mit der hier zu installierenden Leistung steigen auch die erforderlichen Vertragsvolumina und damit die für Anzahlungen und Gewährleistungen benötigten Projektbürgschaften, die der Lieferant, also der Hersteller, dem Auftraggeber zu hinterlegen hat.

Vier Maßnahmen

Die Stiftung schlägt auf Basis ihrer Analyse vordringlich vier Maßnahmen vor, die durch die relevanten Stellen geprüft und zügig in die Umsetzung gebracht werden sollten:

  • Ergänzung des bestehenden KfW-Projektfinanzierungsprogramms Offshore-Windenergie um eine adäquat ausgestattete Unternehmensfinanzierungsfazilität
  • Aufbau eines Programms für hybrides Eigenkapital
  • Öffnung/Anpassung des (Groß-)Bürgschaftsprogramms des Bundes und ggf. des KfW-Instrumentariums um die Stellung notwendiger vertraglicher Sicherheiten für Unternehmen der gesamten Offshore-Wind- Zulieferindustrie
  • Schaffung eines Bürgschaftsprogramms, um die Kreditvergabekapazität des kommerziellen Bankensektors zu hebeln