Quelle: Pixabay
Print Friendly, PDF & Email

Ein neuer Leitfaden soll der Schifffahrtsbranche Klarheit im Umgang mit den Sanktionen der USA gegen mehrere Länder bringen. Ein Rechtsexperte weist nun auf die wichtigsten Aspekte hin.

Im Mai gaben das US-Außenministerium, das Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums und die[ds_preview] US-Küstenwache einen gemeinsamen Sanktionsleitfaden für die Schifffahrtsbranche heraus. Dieser ist als Wegweiser gedacht, der den Akteuren im maritimen Sektor helfen soll, die Auflagen einzuhalten. Es handle sich dabei im Empfehlungen und nicht als Vorschriften, heißt es.

»Es ist jedoch klar, dass die US-Regierung wünscht, dass sich die Parteien so genau wie möglich an die Leitlinien halten. Dementsprechend sollten alle Eigner, Charterer, Kreditgeber, Versicherer und andere Akteure den Leitfaden sorgfältig prüfen und ihren Praktiken und Operationen entsprechend anpassen«, sagt Daniel Pilarski, Partner der Anwaltsfirma Watson Farley Williams.

Die maritime Gemeinschaft im Fokus der Sanktionspolitik

»Während der Seeverkehrssektor schon immer ein Schwerpunkt der Handelssanktionen war, hat sich die Trump-Regierung seit 2018 bei ihrer ›Maximum Pressure‹-Kampagne zur Durchsetzung der US-Sanktionen zunehmend darauf konzentriert«, erklärt Pilarski.

Die »sekundären« oder »extraterritorialen« US-Sanktionen verbieten es Nicht-US-Parteien weitgehend, mit Nordkorea, Iran und anderen sanktionierten Parteien zu verhandeln. Diese Sanktionen richten sich häufig gegen die maritimen Sektoren der betreffenden Länder sowie gegen Lieferungen von Erdöl, Erdgas und verschiedenen Rohstoffen.

Damit diese Sanktionen wirksam Druck auf die Zielländer ausüben können, verlangt die US-Regierung, dass sich die globale maritime Gemeinschaft selbst überwacht. Die Akteure sollen sicherzustellen, dass sowohl sie als auch ihre Gegenspieler die Sanktionen einhalten.

»In gewisser Weise ähnelt dies dem Vorstoß in den ersten Jahren des letzten Jahrzehnts, die internationalen Finanzinstitutionen zur weltweiten Umsetzung der US-Sanktionen zu zwingen. Im Gegensatz zu den Banken, die stark reguliert sind und außerhalb der Sanktionen beträchtliche Verpflichtungen zur Einhaltung der Vorschriften haben, sind viele Akteure im maritimen Sektor jedoch klein und verfügen nicht über eine ausgefeilte Compliance-Infrastruktur«, sagt Pilarski.

AIS-Transponder und Schiff-zu-Schiff-Transfers (STS)

Das OFAC ist besorgt, dass Schiffe ihre Transponder abschalten oder tarnen könnten, um unter Verletzung von Sanktionen heimlich Handel zu betreiben. Das Beratungsgremium schlägt vor, dass die Parteien die Geschichte eines Schiffes recherchieren sollten, um frühere AIS-Manipulationen zu identifizieren, bevor sie neue Verträge mit dem Schiff abschließen, und die AIS-Manipulation und die Deaktivierung von AIS während des Transports der Ladung überwachen sollten. Die entsprechenden Verträge sollen eine Klausel enthalten, die zur Dauerhafen AIS-Sendung verpflichtet.

Die Amerikaner meinen außerdem, dass STS-Transfers dazu benutzt werden können, Sanktionen zu umgehen, indem der Ursprung oder das Ziel der betreffenden Ladung verschleiert wird, insbesondere wenn sie »nachts oder in Gebieten durchgeführt werden, in denen ein hohes Risiko der Umgehung von Sanktionen oder anderer illegaler Aktivitäten besteht«.

Das Gutachten enthält eine Karte mit Gebieten in der Nähe der koreanischen Halbinsel, Chinas und Ostrusslands, von denen angenommen wird, dass sie ein hohes Risiko für eine Umgehung der nordkoreanischen Sanktionen darstellen. Für andere Gebiete (z.B. den Persischen Golf oder das vor der Küste Syriens gelegene Syrien) wird keine ähnliche Karte gezeigt.

»Name-and-Shame«-Listen

Frühere Sanktionsanweisungen enthielten eine Liste von Schiffen und Schiffseignern, die im Handel mit Syrien, Iran und Nordkorea tätig waren und an STS-Transfers von Ladung beteiligt waren, die in diese Länder gelangt ist. Dabei wurde klargestellt, dass es sich nicht um »Sanktionslisten« handelt, dennoch reagierte der Markt auf diese »Name-and-Shame«-Listen weitgehend so, als handele es sich um Sanktionslisten.

Der neue Ratgeber revidiert die “Namen-und-Scham”-Listen nicht, weder um neue Parteien zu den Listen hinzuzufügen, noch um bestehende Parteien zu “entfernen” (obwohl angesichts der Tatsache, dass die Listen nicht offiziell sind, nicht klar ist, was die Entfernung eines Namens bedeuten würde). Der Ratgeber sagt lediglich, dass es in Zukunft weitere “Aktualisierungen” geben könnte, gibt aber keinen Hinweis darauf, was eine solche Aktualisierung mit sich bringen würde.

Der Ratgeber enthält einen Anhang mit »Checklisten« für verschiedene Akteure des maritimen Sektors, welche Richtlinien zu befolgen sind. Betroffen sind Seeversicherungsgesellschaften, Verwalter von Flaggenregistern, Hafenstaatkontrollbehörden, Schifffahrtsverbände, regionale und globale Rohstoffhandels-, Zuliefer- und Maklerunternehmen, Finanzinstitute, Schiffseigner, Betreiber und Charterer, Klassifikationsgesellschaften, Schiffskapitäne und Crewing-Unternehmen.

Handel mit Syrien erlaubt oder nicht?

Der Ratgeber enthält einen zweiten Anhang, in dem die einschlägigen Sanktionsprogramme gegen Nordkorea, Iran und Syrien beschrieben werden und der länderspezifische Leitlinien enthält. Die Einbeziehung Nordkoreas und Irans steht im Einklang mit den sehr umfassenden »Sekundärsanktionen« der USA, die gegen beide Länder gerichtet sind, sowie mit den UNO-Sanktionen gegen Nordkorea.

Der größte Teil des Handels mit privaten Akteuren in Syrien unterliegt nicht den »sekundären« Sanktionen, Das heißt, Nicht-US-Personen können im Allgemeinen mit Syrien auf eine Weise verhandeln, die nicht gegen die US-Sanktionen verstößt, solange sie nicht mit der syrischen Regierung oder mit Einrichtungen oder Personen zu tun haben, die als »Terroristen« bezeichnet werden.

»Nichtsdestotrotz scheint der Ratschlag zu implizieren, dass der Großteil des Handels mit Syrien, unabhängig davon, ob er von US-Personen betrieben wird oder nicht, Sanktionen verletzen kann. Interessant ist auch das Fehlen einer gesonderten Liste für Venezuela, das im vergangenen Jahr Ziel einer erheblichen Eskalation der US-Sanktionen war und im Mittelpunkt eines harten Vorgehens gegen die Umgehung der Sanktionen stand«, sagt Pilarski.