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Die EU will entschlossener gegen Wettbewerbsverzerrungen im Weltschiffbau vorgehen. Die Branche moniert staatliche Subventionen vor allem in Asien.

[ds_preview]Die Brüsseler Behörde hat heute ein Weißbuch angenommen, in dem dargelegt wird, wie den verzerrenden Wirkungen drittstaatlicher Subventionen im Binnenmarkt begegnet werden kann. Es ist ein erster Schritt im politischen Entscheidungsprozess der EU. Bis Ende September können Interessenvertreter Stellungnahmen zum Weißbuch und den darin aufgeführten Optionen abgeben.

Reinhard-Lueken–VSM

Aus dem deutschen Schiffbau kam umgehend eine positive Antwort. Reinhard Lüken, Geschäftsführer beim Verband Schiffbau und Meerestechnik (VSM), begrüßte die Entwicklung ausdrücklich: »Seit vielen Jahren legen wir immer wieder Belege für die massiven Wettbewerbsverzerrungen vor. In der OECD laufen schon seit 1966 Verhandlungen über ein Schiffbauabkommen – bis heute ergebnislos. Auch alle Bemühungen der EU, wie z.B. unsere damalige WTO-Klage gegen Korea, blieben ohne Auswirkungen, weil sich die vorhandenen Regeln auf Schiffe nicht anwenden lassen. Genau da setzt das neue Weißbuch an. Endlich gibt es Hoffnung auf ein Level Playing Field!«

Scharfes EU-Beihilferecht

In vielen, vor allem asiatischen Ländern, gilt der Schiffbau aufgrund der Arbeitsmarkteffekte als wichtiges Branche, die von der Politik zum Teil massiv unterstützt wird. In Europa gibt es zwar diverse Krisenhilfen und finanzielle Maßnahmen, allerdings schließt die strenge Beihilfenkontrolle der EU Subventionen wie in Asien aus.

»Wir brauchen geeignete Instrumente, um – ebenso wie bei Subventionen von Mitgliedstaaten – sicherzustellen, dass auch Subventionen aus Drittstaaten keine Verzerrungen in unserem Markt bewirken.« Das Weißbuch setze eine wichtige Debatte darüber in Gang.

EU-Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager

Handelskommissar Phil Hogan betonte zwar, dass es EU-Instrumente wie die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen und Handelsschutzmaßnahmen gibt. Nach Ansicht des VSM hat allerdings das Fehlen eines Instruments gegen Wettbewerbsverzerrungen »wesentlich dazu beigetragen, dass europäische Werften aus den Volumenmärkten verdrängt wurden.«

EU stellt Optionen vor

Im Weißbuch werden Lösungen vorgeschlagen und neue Instrumente angeregt, um die Regelungslücke zu schließen.

  • Allgemeines Instrument zur Erfassung der verzerrenden Auswirkungen drittstaatlicher Subventionen: Die Einführung eines allgemeinen Marktbeobachtungsinstruments wird vorgeschlagen, um alle Situationen zu erfassen, in denen Subventionen aus Drittstaaten Verzerrungen im Binnenmarkt bewirken können. Die Aufsichtsbehörde (eine Behörde des betreffenden Mitgliedstaats oder die Kommission) könnte dann auf einen Hinweis oder die Information hin, dass ein Unternehmen in der EU durch die Subvention eines Drittstaats begünstigt wird, tätig werden. Bei Vorliegen einer drittstaatlichen Subvention wären Maßnahmen möglich, um der zu erwartenden verzerrenden Wirkung zu begegnen.
  • Subventionen aus Drittstaaten zur Erleichterung des Erwerbs von EU-Unternehmen: Es soll Verzerrungen begegnet werden, die durch drittstaatliche Subventionen zur Erleichterung des Erwerbs von EU-Unternehmen verursacht werden. Die Transaktionen könnten erst nach Abschluss der von der Kommission durchgeführten Prüfung vollzogen werden.
  • Subventionen aus Drittstaaten bei EU-Vergabeverfahren: Es wird ein Mechanismus vorgeschlagen, bei dem die Bieter dem öffentlichen Auftraggeber etwaige von Drittstaaten erhaltene Zuwendungen melden müssten.

Hintergrund

Bei Subventionen durch Mitgliedstaaten werden seit jeher die EU-Beihilfevorschriften angewendet, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Drittstaatliche Subventionen für Unternehmen in der EU haben anscheinend zunehmend negative Auswirkungen auf den Wettbewerb im Binnenmarkt, unterliegen aber nicht der EU-Beihilfenkontrolle. Die Zahl der Fälle steigt, in denen Subventionen aus Drittstaaten offenbar den Erwerb von EU-Unternehmen erleichtert haben oder Investitionsentscheidungen, das Marktgeschehen, die Preispolitik der Begünstigten oder öffentliche Vergabeverfahren zum Nachteil der nichtsubventionierten Unternehmen verzerrt haben.

Binnenmarktkommissar Thierry Breton nannte das Dokument »ein Kernelement« der  Vision für die Neue Industriestrategie für Europa. Sie soll den Unternehmen helfen, sich auf dem Weltmarkt zu positionieren und im globalen Wettbewerb zu bestehen. »Im Rahmen unseres Regelwerks für den Binnenmarkt müssen wir verhindern, dass Subventionen aus Drittstaaten Vergabeverfahren verzerren, und dafür sorgen, dass Unternehmen fairen Zugang zu öffentlichen Aufträgen erhalten.«

Das Weißbuch kann hier eingesehen werden.