Tanker, Wasserstoff
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Die Akteure hinter dem Vorhaben »Hygate« haben Pläne entwickelt, wie man Deutschland mit grünem Import-Wasserstoff aus Australien versorgen könnte. [ds_preview]Dafür werden aber auch geeignete Schiffe gebraucht. Und die Frage des richtigen Energieträgers ist noch zu klären

Es geht darum, »den Sonnenschein einzufangen und zu verschiffen.« Nicht weniger blumig drückte es jüngst der deutsche Finanzminister Christian Lindner im Bundestag aus, als er nachhaltig erzeugte Energien als »Freiheitsenergien« bezeichnete. Bei derart bedeutungsschweren Aussagen fragt man sich, wie der passende Wasserstofftransporter, quasi das neue »Liberty«-Schiff, aussehen könnte. Wir schauen uns einmal an, wie das alles zusammenhängt und machen eine kleine Reise in eine nicht mehr ferne Zukunft.

Zahlreiche Studien deutscher Wirtschaftsinstitute beschreiben für die nach Deutschland zu importierende Wasserstoffmenge ein noch recht uneinheitliches Bild. Das liegt daran, dass noch nicht absehbar ist, wie schnell der Ausbau von Wind- und PV-Anlagen, der hiesigen Wasserstoffproduktion und der benötigten Infrastruktur gelingen werden.

Zudem ist die Entwicklung des deutschen Primärenergieverbrauchs nicht abschließend absehbar – denn ohne eine Halbierung von heute 3.600 TWh/Jahr auf 1.800 TWh/Jahr durch Effizienzsteigerung ist das Ziel eines klimaneutralen Deutschlands bis 2045 nicht realisierbar. Signifikante, skalierbare Einsparungsmaßnahmen können unter anderem durch die Umrüstung von privaten Gas- und Ölheizungen auf Wärmepumpentechnik, die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung in der Industrie oder den konträr diskutierten Umstieg vom Verbrenner-Pkw zum E-Auto erreicht werden.

Die Studie »Klimaneutrales Deutschland 2045« geht von einer nach Deutschland zu importierenden Wasserstoffmenge von 44 TWh/a bzw. jährlich 1,32 Mio. t Flüssigwasserstoff (LH2) für das Jahr 2030 aus. Im Jahr 2045 sollen es laut dieser Studie 169 TWh/a bzw. 5,07 Mio. t LH2/Jahr sein. Die Nationale Wasserstoffstrategie (2020) nennt für 2030 einen Importbedarf von 76–96 TWh. Die »Ariadne-Analyse« von Dezember 2021 des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ermittelte für 2030 einen Importbedarf von Power-to-X- und H2-Energieträgern mit einem jährlichen Volumen von 28 TWh bzw. 0,8 Mio. t LH2. Für 2045 soll dieser Wert dann, je nach Entwicklung von Primärenergiebedarf und Ausbau von nachhaltigen Energiequellen in Deutschland, zwischen 300 TWh/a und 750 TWh/a bzw. 9–22,5 Mio. t betragen. Die Dena-Leitstudie beziffert die Wasserstoffimporte mit 3,7 TWh/a bzw. 0,11 Mio. t für 2030 und 383 TWh bzw. 11,5 Mio. t für das Jahr 2045. Die Zahlen streuen also noch gewaltig.

Woher kommt der Wasserstoff?

Das ist zunächst abhängig von der Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff bzw. dessen Derivaten, zum Beispiel von grünem Ammoniak (NH3) oder grünem Methanol. Länder wie Australien mit den Vorhaben »Hygate« und «Hysupply«, Chile (»Haru Oni«), Argentinien (Provinz Rio Negro), Saudi-Arabien (Produktion in Neom & Projekt »Helios« ) und die Vereinigten Arabischen Emirate (»KIZAD«) haben sich bereits im Rahmen diverser bilateraler Projekte auf den Weg gemacht, um grünes H2 und grünes NH3 zu produzieren und Exportstrukturen zu entwickeln. Nach weitläufiger Auffassung von Wirtschaft und Politik hat die Entwicklung einer politisch sowie technisch resilienten Beschaffungsstruktur von grünem Wasserstoff für Deutschland höchste Priorität.

Dabei ist eine Vermeidung von Lieferengpässen durch die Entwicklung eines ausgewogenen Vertragswerkes von langfristigen, strategischen Liefervereinbarungen ebenso wichtig wie der flexible, taktische Zukauf von grüner Energie, um konkurrenzfähige Preise zu erzielen. Ein liquider Markt ist eine nun zu entwickelnde Grundvoraussetzung. Bis 2045 soll nach Aussage der Studien ein breites, weltweites Angebot von grünem Wasserstoff und dessen Derivaten entstehen.

Für die Anlaufphase der Nationalen Wasserstoffstrategie gehen wir im Rahmen dieses Artikels für das Jahr 2030 von 80 % Importanteil an grünem Wasserstoff über See aus den Ländern Australien, Argentinien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (V.A.E.) in Form von Ammoniak aus. Die V.A.E. sind dabei stellvertretend für die Länder der arabischen Halbinsel, Argentinien vertritt Südamerika. Dabei nehmen wir eine jährliche Transportmenge von insgesamt 5,5 Mio. t NH3 für 2030 an.

Der Aufbau einer exportfähigen H2-Produktion via Pipeline aus Ländern mit hohem Potenzial und größerer räumlicher Nähe, etwa in Nordafrika, erscheint derzeit bis 2030 nicht realistisch. Diese Länder haben einen zu großen Nachholbedarf bei der Infrastruktur, besonders bei grüner Energie. Es mangelt dort zudem an ausreichender Finanzierung, die politische Lage in diesen Ländern ist zudem häufig instabil.

Das Verhältnis zu den EU-Staaten, wie zuletzt zwischen Marokko gegenüber Spanien und Deutschland, ist dabei zeitweise angespannt. Bis 2045 könnte der Aufbau einer exportorientierten und verlässlichen Wasserstoffproduktion aus dem nordafrikanischen Raum nach Europa aber durchaus gelingen, so dass von dort ein signifikanter Anteil unseres Primärenergiebedarfs kommen könnte. Für die Endphase des geplanten Energiewandels um das Jahr 2045 herum könnte der Importanteil des über See transportierten Volumens 35 % erreichen, das entspräche 21,5 Mio. t NH3 im Jahr, die auch 2045 noch ausschließlich aus den zuvor genannten drei Ländern stammen könnten. Aufgrund der geografischen Lage dieser sogenannten First-Mover zeichnet sich ein signifikanter Bedarf an Schiffen ab.

Wasserstoff kann als Flüssigwasserstoff (LH2) bei -253° C unter atmosphärischem Druck transportiert werden. Diese extrem tiefe Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt stellt hohe technische Anforderungen an die Konstruktion eines LH2-Carriers. Tanks für Flüssigwasserstoff müssen extrem gut isoliert werden, was aber die Volumeneffizienz seines Transports signifikant verschlechtert. Trotz guter thermischer Isolation bleibt die Boil Off Rate (BOR) bei atmosphärischem Druck mit 0,52 % der transportierten Menge pro Tag sehr hoch und erfordert einen großen baulichen und energetischen Aufwand, der bei der Rückverflüssigung des verdampften Wasserstoffs an Bord entsteht. Ob sich der Transport von reinem Wasserstoff – flüssig oder gasförmig – über interkontinentale Distanzen wirtschaftlich realisieren lässt, erscheint derzeit durchaus fraglich.

Zum anderen stellt sich die Frage, wie viel Energie und wie viel Wasserstoff sich in einem Kubikmeter eines Energieträgers wirtschaftlich über weite Strecken transportieren lassen. Dafür sind die volumetrische Energiedichte eines Energieträgers sowie dessen volumetrische LH2-Dichte ausschlaggebend.

Der Transport von flüssigem Wasserstoff (LH2) zur See ist dabei mit einer volumetrischen Energiedichte von 2.359 kWh/m³ im Vergleich zu anderen Verfahren relativ ineffizient. 1 m³ LH2 enthält dabei lediglich 70,79 kg Wasserstoff.

Gebunden in Derivaten

Für lange Transportdistanzen wie von Australien nach Deutschland über 10.400 nm oder aus Argentinien (7.200 nm) bietet Ammoniak (NH3) bei –33 °C mit 3.562 kWh/m³ eine um den Faktor 1,5 höhere volumetrische Energiedichte als LH2. Ammoniak enthält dabei 17,5 % Massenprozente Wasserstoff, was sich in einer spezifischen Wasserstoffdichte von 119,35 kg H2 pro m³ NH3 ausdrückt – 1 m³ flüssiges Ammoniak enthält somit gut 1,7-mal mehr Masse Wasserstoff als 1 m³ flüssiger Wasserstoff.

Ammoniak kann am Zielort unter Energieaufwand wieder in Stickstoff (N) und Wasserstoff (H) aufgespalten werden, um ihn den Verbrauchern zuzuleiten. Da bereits 42 % des derzeit auf Basis fossiler Energien weltweit produzierten Wasserstoffs exklusiv zur Herstellung von Ammoniak, zum Beispiel für die Düngemittelproduktion, verwendet wird, wäre der Import von grünem Ammoniak eine sehr effektive und effiziente Maßnahme, um »fossiles« Ammoniak klimaneutral und direkt durch grünes Ammoniak zu ersetzen und unsere CO₂-Bilanz entsprechend wirksam zu entlasten.

LOHC als Alternative

In der Entwicklung befinden sich flüssige, organische Wasserstoffträger, kurz LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carrier). Diese Stoffe können Wasserstoff speichern (ca. 6 % Massenanteile) und bei Bedarf wieder abgeben. LOHC sind zum Beispiel Benzol, Toluol oder Dibenzyltoluol (DBT).

LOHC haben den Vorteil, dass man die vorhandene Infrastruktur der Mineralölwirtschaft in Teilen weiter nutzen könnte. Bestehende Kfz-Tankstellen könnten im Laufe des weiteren Fortschritts auf LOHC umgebaut werden – der Wasserstoff würde vor Ort wieder aufgespalten und von zukünftigen Lkw, zur Nutzung in deren Brennstoffzellen, getankt werden. Das abgespaltene und dann wieder H2-freie LOHC würde in einem Kreislaufverfahren wieder verwendet werden.

Die große Herausforderung dieses Verfahrens besteht aber darin, die bei der Hydrierung und De-Hydrierung der LOHC (Hydrierung = Aufladung mit H2, De-Hydrierung = H2-Entladung) benötigte thermische Energie durch lokale Kraft-Wärmekopplungssysteme so zu kombinieren, dass ein wirtschaftlicher Gesamtwirkungsgrad erzielt wird.

LOHC bieten nach Angaben in der Fachliteratur Vorteile auf kurzen Transportdistanzen zwischen Produktions- und Verwen­dungsort. Zu nennen sind weitere »Power to X«-Energieträger wie Methanol, eMethan oder eDiesel, die unter Verwendung von CO₂ aus der Atmosphäre derzeit mit noch recht niedrigem Wirkungsgrad hergestellt werden könnten.

Eine Darstellung der IRENA zeigt die Transporteffizienz der unterschiedlichen Wasserstoffträger. Es wird dort das breite Einsatzspektrum von Ammoniak verdeutlicht. Besonders bei großen Wasserstoffmengen, die über weite Distanzen zu uns transportiert werden müssen, bietet Ammoniak Vorteile als Trägermedium gegenüber anderen H2-Derivaten.

Trades zwischen Deutschland und Südamerika (7.000 nm) oder Australien (10.000 nm) sind nur per Schiffstrans­port möglich. Aber auch bei Trades in die Länder der arabischen Halbinsel (4000–7000 nm), die aufgrund der angespannten politischen Situation in dieser Region Wasserstoff auf absehbare Zeit via Pipeline nicht nach Deutschland liefern werden können, hat der Seetransport gute Perspektiven. Aufgrund der genannten Vorteile kann Ammoniak (NH3) zunächst als der favorisierte Energieträger betrachtet werden, um klimaneutrale Primärenergie über große Distanzen nach Deutschland zu importieren.

Bedarf an Tankern

Das in der Tabelle dargestellte Beispiel zeigt, wie sich die zuvor definierten Importmengen für die Planungsjahre 2030 und 2045 mit Hilfe einer Flotte von für diesen Zweck optimierten Ammoniaktankern aus den First-Mover-Ländern Australien, V.A.E. und Argentinien nach Deutschland transportieren ließen. Der skizzierte NH3-Tanker besitzt eine Tankkapazität von 170.500 m³, die den Abmessungen eines üblichen LNG-Carriers entsprechen. Zu 98 % befüllt ergibt sich ein nutzbares Tankvolumen von 167.090 m³, was bei einer NH3-Dichte von 682 kg/m³ gut 114.000 tdw ausmacht. Das Schiff hat dabei einen Tiefgang von etwa 14,3 m. Die Servicegeschwindigkeit wird unter realen Wetterbedingungen bei im Mittel Bft 4 mit 16,3 kn Basis »clean hull« angenommen.

Es werden zunächst Pendelverkehre mit jeweils einer Leerreise pro Rundlauf dargestellt. Der für den Transport per Schiff erforderliche NH3-Kraftstoff-Eigenverbrauch der Flotte beträgt rund 6 % der transportierten NH3-Menge. Für den Normalbetrieb ohne Dockungen ist ein Bedarf von sieben NH3-Tankern der beschriebenen Größe mit gut 52 Rundreisen für das Jahr 2030 und 26 Einheiten bei gut 200 Rundreisen für das Jahr 2045 abzusehen. Ausfallzeiten von konservativ gerechneten 10 Tagen per annum für etwaige Reparaturen in den Jahren zwischen den Dockungen sind dabei berücksichtigt.

Das Liberty-Schiff

Um die angenommenen Mengen Primärenergie in Form von »grünem« Ammoniak aus den genannten, nicht pipelinefähigen und weit entfernten Ländern nach Deutschland zu bringen, werden Spezialtanker benötigt. Weltweit waren laut Drewry 2021 lediglich 28 NH3-fähige Very Large Gas Carriers (VLGC) mit einer Tankkapazität von 70.000 m³ und mehr verfügbar. Bei den hier beschriebenen NH3-Zuwachsraten erscheint ein Ausbau dieser Flotte dringend geboten.

Ein NH3-Tanker, der heute geplant wird, muss einen mehrfachen Spagat vollbringen. Es muss zwischen dem fossilen »Heute« und dem de-fossilen »Morgen« einen gleitenden Übergang ermöglichen. Dabei sollte er aus dem Stand heraus wirtschaftlich sein – und bleiben. Da Deutschland, nach der schrittweisen Loslösung von fossilen Versorgungsstrukturen abhängig von absolut verlässlichen »grünen« Importsystemen wäre, sollte die Technik eines solchen Schiffes ausgereift und für die Besatzungen sicher handhabbar sein und somit eine hohe Verfügbarkeit der NH3-Tankerflotte gewährleisten. Dabei sollte zugleich eine hohe Energie- und Umwelteffizienz des Schiffskonzeptes anstrebt werden.

Das richtige Design

Gehen wir hier von einer Inbetriebnahme eines solchen Schiffes im Jahr 2025 aus, werden sich für einen wirtschaftlichen Betrieb ausreichende Ladungsmengen von »grünem« Wasserstoff aufgrund der sich noch im Aufbau befindlichen Produktionskapazitäten in den Exportländern nicht sofort in den ersten Betriebsjahren einstellen. In Kombination mit LPG-Rückfrachten könnte die Anzahl von Leerreisen unter Umständen reduziert werden, da fossile Energieträger noch auf absehbare Zeit die Weltwirtschaft begleiten werden.

Um eine hohe Volumeneffizienz des Schiffes zu ermöglichen, wählen wir für die Ladungstanks das von JMU patentierte SPB-Design (Self-supporting, prismatic-shape IMO type B). Die Vorteile dieses Designs sind unter anderem eine hohe Volumeneffizienz, hohe Betriebssicherheit gegen Sloshing, ein hoher Verfügbarkeitsgrad aufgrund geringer Rissneigung und kurzen Dockzeiten (Herstellerangabe 14 Tage), eine schnelle Reparaturfähigkeit und eine gute Begehbarkeit rund um die Tanks. Zudem kann man dieses Tankdesign im Gegensatz zu anderen Tanksystemen sicher teilbefüllt betreiben, was für einem »Aufsammlerbetrieb« in der Frühphase der grünen Wasserstoffwirtschaft, zum Beispiel durch das Beladen des Schiffes an zwei bis drei Produktionsstandorten mit jeweils einer geringen Produktionskapazität, von Vorteil sein kann. Die Ladung wird mittels einer Kühlanlage während der Reise fortlaufend gekühlt (»fully refrigerated«), um Boil-Off-Verluste an Ammoniak oder LPG zu vermeiden. Nach Angaben von JMU ist das SPB-Design für Drücke bis 4 bar auslegbar, was den Aufwand für die Ladungskühlung senken könnte.

Der Hauptmotor

Das beschriebene Schiffskonzept bedient sich eines 8 S 60 ME-C-Motors (MCR 19.920 kW) in der Ausführung LGIP oder LGIA. Für einen heute georderten Tanker bietet sich der mit LPG zu betreibende MAN-LGIP-Motor an, da der Preis von »grünem« Wasserstoff in der Hochlaufphase der Wasserstoffwirtschaft noch zu hoch sein könnte, um ihn unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als Kraftstoff zu verwenden. In dieser Konfiguration würde ein Kraftstoffvolumen von 7.250 m³ LPG für eine Rundreise Deutschland-Australien genügen. MAN plant, ein Angebot zur Umrüstung von Motoren auf Ammoniaktauglichkeit ab Q1/2025 anzubieten, so dass ein Wechsel auf NH3 technisch möglich wäre.

Ein LPG/NH3-Tanker mit LGIA-Motor und NH3 als Hauptkraftstoff benötigt ein Kraftstoffvolumen von 2x 7.250 m³ NH3 für diese Strecke. Beide Konzepte sind als Dual-Fuel Motor ausgeführt, so dass sie auf Basis der insgesamt 2.000 m³ fassenden Dieseltanks (ULSFO oder eDiesel) betrieben werden könnten. Dabei ergeben sich Reichweiten von gut 8.000 nm (voll abgeladen) oder 11.000 nm (Ballast). Der erste Serienmotor soll 2024 als 7 S 60 ME-C LGIA vom MAN Lizenznehmer Mitsui an den ersten Kunden abgeliefert werden.

Erwähnenswert ist, dass die Vermeidung von klimaschädlichen Lachgasemissionen (N2O, 300-fache Klimawirkung gegenüber CO₂), laut MAN durch innermotorische Maßnahmen (Abgasrückführung & Motortuning) sowie durch Abgasnachbehandlung (SCR-Katalysator) realisiert wird.

Ein Wellengenerator von 1.800 kWel. sowie ein ORC-System mit zirka 850 kWel., welches die Abwärme aus Kühlwasser und Abgasen nutzt, könnten die Versorgung der elektrischen Verbraucher im Seebetrieb abdecken. MAN und Wärtsilä arbeiten mit dem Zieldatum Ende 2023 an NH3 Konzepten für passende 4-Takt-Motoren zum Antrieb der Hilfsgeneratoren – Details oder gar Lieferdaten sind aber noch unbekannt. Die Generatorenleistung wird hier mit zunächst 3 x 2.000 kWel. angenommen.

Das beschriebene Schiff ist mit 115.000 tdw gut doppelt so groß wie die größten verfügbaren LPG/NH3-Tanker. Die beschriebenen Abmessungen orientieren sich daher an einem aus der LNG-Fahrt bekannten Schiffstyp, was eine weltweite und weitestgehend uneingeschränkte Fahrt ermöglichen soll. Die Entwicklung von größeren Einheiten zu einem späteren Zeitpunkt müsste in Anbetracht der dann absehbaren Entwicklung des H2-Markthochlaufs neu betrachtet werden.

Auf Basis von klimaneutralen Kraftstoffen wie zum Beispiel einer »grünen« NH3-Ladung in Kombination mit »grünem« eDiesel als Pilot-Fuel würde das Schiff sowohl die Anforderungen nach EEDI als auch CII mit dem Bestwert »Null« erfüllen. Da das aber noch etwas dauern mag, wird das EEDI-Limit 2025 von 3,86 auch unter Verwendung von fossilem LPG und ULSFO (Pilotfuel) mit 3,44 gCO2/ DWT x nm unterboten. Das CII-Limit des Jahres 2026 wäre in den oben beschriebenen Trades mit fossilem LPG als Kraftstoff und unter Verwendung von 100 % klimaneutralem eDiesel erfüllbar.

Abgerundet wird das Konzept durch die für heutige Neubauten zum Standard werdenden Energieeinsparmaßnahmen wie einem optimierten Schiffsform-Propeller-Ruder-Konzept, einem wirksamen Anti-Fouling Konzept, einem Air Lubrication System (ALS), bedarfsgesteuerten Kühlwasserpumpen und Lüftern, einem LED-Lichtkonzept, einem integrierten Performance Data Logging und Reporting System sowie einem Weather Routing & Voyage Planning System.

Fazit

Angesichts des von deutscher Politik und Wirtschaft breit getragenen Wunsches nach einem schnellen Hochlauf einer de-fossilen Wasserstoffwirtschaft erscheint die Frage nach dem passenden Schiffskonzept für den interkontinentalen Import von Wasserstoff in Form von Derivaten wie zum Beispiel Ammoniak aus den sich abzeichnenden First-Mover-Ländern dringend nötig und technisch machbar. Eine dafür benötigte Flottengröße von zunächst sieben Schiffen, die bis 2045 auf 27 Schiffe anwachsen müsste, erscheint praktikabel. In Hinblick auf einen schnellen Markthochlauf ist der Faktor Zeit aber kritisch. Die Planungen für entsprechende Ammoniak-Import­terminals, ob in Wilhelmshaven, in Stade oder in Brunsbüttel, laufen bereits. Nun sollten auch die benötigten Schiffe entwickelt werden.

Dabei wäre die Frage zu stellen, wie man diese schiffbauliche Aufgabe von nationalem Interesse so löst, dass praxistaugliche, wirtschaftliche Schiffe mit ausreichender Kapazität pünktlich zur Verfügung stehen. Eine Kooperation mit den in dieser Technik erfahrenen Japanern wäre ratsam, wobei sich eine kooperative Fertigung und der Betrieb der entstehenden Flotte bei erfahrenen Unternehmen innerhalb Deutschlands oder auch in der EU, zum Beispiel in Finnland, zur Know-How-Sicherung anbietet.


Abstract: Shipping the sunshine …

… this ana­logy symbolizes the ambitions of wes­tern countries to detach their energy supply from fossil fuels and to jointly build up a resilient hydrogen economy by the middle of the 21st century. The article describes the German demand for sustainable, hydrogen-based primary energy and derives the required fleet size and the possible concept of a suitable ammonia tanker.


Autor: Niels Kaiser
NK shipconsult
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SMM Green Ammoniak S00079P79SMM Green Ammoniak S00080P80